Foto: Amal

Jahresbericht Amal 2023

Für Amal war 2023 ein gutes Jahr. Das Team hat einen dritten Standort aufgebaut, so dass jetzt neben Berlin und Hamburg auch der Raum Frankfurt mit Lokalnachrichten versorgt wird. Die Reaktion ist stark gewachsen – von 19 auf 26 Journalist:innen, die mit je einer halben Stelle angestellt sind. Die Zahl der Leser:innen ist auf allen Ebenen angestiegen – auf der Webseite, Facebook und Instagram, auf Arabisch, Dari/Farsi und Ukrainisch. Wir blicken auf die vergangenen 365 Tage mit Stolz und krempeln die Ärmel hoch für die nächsten. Hier ein Überblick über die wichtigsten Stationen.

Ein eigenes Studio

Für Amal, Berlin! ist mit dem neuen Jahr ein Traum wahr geworden. Wir haben jetzt eigenes Studio, ausgerüstet mit modernen Kameras und gutem Licht, mit Greenscreen, Live-Schnitt-Option, guter Akustik und festem Schnittplatz. Möglich wurde dies durch den Umzug in ein eigenes Büro im Dezember 2022. Hier werden nun regelmäßig Interviews aufgezeichnet, Nachrichten-Sendungen produziert und Podcasts vertont.

Launch Amal Frankfurt

Am 10. Januar 2023 ging die Webseite Amal, Frankfurt! online. Sie bietet das Neuste vom Tage und aktuelle Berichte aus dem Rhein-Main-Gebiet auf Arabisch, Dari/Farsi und Ukrainisch. Dem vorausgegangen waren vier Monate intensiver Vorbereitung. In einem bezahlten Praktikum (ermöglicht durch den Frankfurter Presseclub) haben sich sechs Exil-Journalist:innen auf das journalistische Arbeiten in Deutschland vorbereitet. Die Amal-Kolleg:innen aus Berlin und Hamburg teilten ihr Wissen und ihre Erfahrung mit den neuen Team und halfen, Content und Struktur für die Rhein-Main-Ausgabe von Amal zu entwickeln. Gefeiert wurde der Launch einem Fest in den Räumen der Crespo Foundation, die wesentlich zur Finanzierung der Redaktion beiträgt. Das Medienecho war gut. Die neue Redaktion hat sich ihre Zielgruppen schnell erobert. Das zeigt auch ein Blick auf die Zahlen am Ende dieses Berichts.

Hessischer Integrationspreis

Am 10. Oktober 2023 überreichte Hessens Sozial- und Integrationsminister Kai Klose (Grüne) den Hessischen Integrationspreis an das Team von Amal, Frankfurt! Das Motto des Wettbewerbs war in diesem Jahr „Engagement und Repräsentanz in den klassischen und sozialen Medien“ – und zielte damit genau auf den Ansatz von Amal – nämlich ein Nachrichtenmedium zu schaffen, dass Geflüchtete, Neu-Angekommene und andere migrantische Communities auch erreicht. Der Festakt im Biebricher Schloss zeigte, wie schnell sich das Amal-Team in der Region etabliert hat. Der Preis ist mit 8.500 Euro dotiert. https://www.hessenschau.de/gesellschaft/hessischer-integrationspreis-fuer-nachrichtenportal-von-gefluechteten-v1,integrationspreis-2023-100.html

Vocer Workshop

Im März 2023 war das Team vom Vocer Institute zu Gast bei Amal. Finanziert von der Google News Initiative organisierten sie einen zweitägigen Workshop zum Thema Innovation. Am Beispiel von Podcast lernte das Team, neue Formate zu entwickeln und umzusetzen – von der Analyse der Bedürfnisse der Zielgruppe auf der Basis von Personae,  über Ideenskizzen, Umsetzung eines Prototypen und Testen desselben – immer in enger Rückkopplung mit den User:innen. Die diesem Workshop zugrunde liegende Methode des Millenial Lab lässt sich auch auf andere Projekte übertragen und leistete gute Dienste zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Nachrichtenformate im Herbst 2023 (siehe unten).

Neue Formate für die Nachrichten

Die Nachrichten und Berichte von Amal kommen zu einem großen Teil über Social Media Kanäle zu den Leser:innen. Diese sind ständigem Wandel unterworfen. So hat Facebook in den vergangenen Monaten das Engagement für Nachrichten stark reduziert. Die Reichweiten für journalistischen Content sind auf dieser Plattform – nicht nur für Amal, sondern für die Medienbranche insgesamt – stark geschrumpft,  weil der Algorithmus diesen kaum noch ausspielt. Für Amal heißt das, sich immer wieder neu zu erfinden. Zum legt das Team derzeit deutlich mehr Fokus auf Instagram und präsentiert die Nachrichten dort in stark visuellen Formaten. Zum anderen haben wir in einem intensiven Workshop Anfang November 2023 neue Nachrichten-Formate in Form von Reels entwickelt, die auf Instagram und Facebook ausgespielt werden und auch in die Webseite eingebunden werden können. Zu den Reichweiten von Amal mehr am Ende dieses Berichts.

Amal on Tour Niedersachsen

Vom 24. April bis 7. Mai 2023 war das Team von Amal, Berlin! für ein Rechercheprojekt im ländlichen Raum in Niedersachsen unterwegs. Ziel war zu erkunden, wie Integration außerhalb der Ballungsräume gelingen kann, welche Chancen und welche Hindernisse es gibt. Das Team fuhr für diese Reportagen in einem VW Bus über die Dörfer, besuchte Aktivisten, Initiativen, Hilfsorganisationen und Projekte und sprach mit den Betroffenen. Für viele gerade im ländlichen Raum war es das erste Mal, dass sie mit Journalist:innen in ihrer Sprache sprechen konnten und ihre Version der Geschichte erzählen konnten. So entstanden mehr als 15 Reportagen, Interviews und Videos, die auf Amal und auf evangelisch.de veröffentlicht wurden. Dieses Projekt entstand in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-Lutherisches Landeskirche Hannovers. Ein Interview mit Landesbischof Ralf Meister zur Flüchtlingsarbeit in der Region rundete das Projekt ab.

Amal on Tour im Rheingau

Kurz vor den Sommerferien ging sich dann auch das Team von Amal, Frankfurt! auf Tour.  Ziel: Das Rheingau, mit einem interkulturellen Abend in Rüdesheim, wo nach Ansicht vieler Touristen Deutschland am Deutschesten ist.  Was die meisten Reisenden nicht wissen: Auch hier gibt es Shisha-Bars und andere Treffpunkte und eine lebendige arabische, afghanische und ukrainische Community. In einer Reihe von Interviews hat das Team Menschen vorgestellt, die dort angekommen sind. Gefördert wurde die Recherche von der EKHN-Stiftung.

Ukrainische Korrespondentin in Hamburg

Seit Juni 2023 berichtet Amal auch aus Hamburg auf Ukrainisch. Dank der Unterstützung durch die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius konnte das Team in der Hansestadt um eine Journalistin aus der Ukraine erweitert werden. Sie fungiert als Korrespondentin und macht regelmäßig Berichte und Reportage aus Hamburg. Gleichzeitig unterstützt sie die Teams in Berlin und Frankfurt bei den Nachrichtenschichten. Hervorzuheben ist hier insbesondere, dass es der Kollegin gelungen ist, den Kontakt zur jüdischen ukrainischen Gemeinde in Hamburg herzustellen und zu pflegen.

Update Deutsch

Auf Deutsch zu schreiben, Videos zu produzieren oder an Podiumsdiskussionen teilzunehmen ist für die meisten im Amal-Team auch acht Jahre nach der Flucht noch immer selten. In einem intensiven und passgenauen Sprachlernprogramm sind sieben Kolleg:innen von Amal, Berlin! in diesem Jahr dem Ziel einen großen Schritt näher gekommen. Gefördert vom European Center for Press and Media Freedom konnten sie ihr mündliches Deutsch stark verbessern und erste Artikel schriftlich so ausarbeiten, dass sie in deutschen Medien veröffentlicht wurden. Ein Höhepunkt des Programms war ein zweitägiges Moderationstraining mit anschließendem Praxistest, bei dem die Amal-Journalist:innen eine Veranstaltung im Rahmen der Tage des Exils moderierten.

Tage des Exils

Erstmals war Amal in 2023 mit einer Veranstaltung im Rahmen der Tage des Exils dabei. In Kooperation mit dem Tagesspiel und gefördert vom JX Fund organisierte das Team eine Diskussion unter der Überschrift „Aus 2015 lernen: Geflüchtete Journalsit:innen im Dialog“. 2015 kamen viele Journalist:innen aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland. 2022 flohen Medienschaffende im Zuge des Ukraine-Kriegs hierher. Inwiefern unterscheidet sich ihre Lage? Wie können Neuankömmlinge von den Erfahrungen der zuvor Eingetroffenen profitieren? Wie stellt sich ihnen die deutsche Medienlandschaft dar, und was können sie aus der Ferne für ihre Länder bewirken? Das Netzwerktreffen diente der Vorstellung von Projekten von und für Exil-Journalist:innen und dem Erfahrungsaustausch.

Amal bei der re:publica

Auch bei der re:publica war Amal in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. Orientierung, Vernetzung, eigene Stimme: Was leisten Medienplattformen von Geflüchteten für Geflüchtete? Die Idee dahinter:  Wer vor Krieg oder Verfolgung nach Deutschland geflohen ist, findet unabhängige, zugängliche Informationen und Nachrichten für diese Lebenslage meist weder bei Medien aus der Heimat noch bei deutschen Medien. Was leisten Nachrichten- und Informationsplattformen von Geflüchteten für Geflüchtete, um diese Lücke zu füllen? Auf dem Podium waren Amal, Handbook Germany und Reporter ohne Grenzen vertreten. Organisiert wurde das Panel von der Evangelischen Akademie Berlin.

Fundraising

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit der Koordinatorinnen lag auf dem Fundraising für 2024 und Folgejahre. Derzeit arbeiten bei Amal 25 Exil-Journalist:innen mit je einer halben Stelle, ein Büro-Manager auf Honorarbasis mit ca 20 Stunden pro Woche und zwei Koordinatorinnen mit je einer halben Stelle. Für Projekte außerhalb des normalen Rahmens wird die Stundenzahl jeweils aufgestockt. Damit liegt der Förderbedarf für Amal, wenn man den Status Quo für die Zukunft erhalten möchte, bei gut 900.000 Euro pro Jahr.  Zum Fundraising gehörte die Pflege der bewährt guten Beziehungen zu bestehenden Förderpartnern Schöpflin Stiftung, Crespo Foundation, Porticus, Nordkirche, Evangelische Kirche in Berlin und Brandenburg, Ecclesia Versicherungsdienst, Zeit Stiftung sowie Frankfurter Presseclub. Bei einem Förderertreffen im Juni kamen diese zu einem intensiven Austausch zusammen.

Hinzu kam das Beantragen von neuen Mitteln bei der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb), der Beauftragten für Kultur und Medien (BKM), dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), der Stiftung Lotto Berlin (2. Phase), transformD (abgelehnt), der Polytechnischen Gesellschaft, EKHN-Stiftung, der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), Tolerantes Brandenburg und der Welcome Alliance.

Ausblick auf 2024

Was geschieht, wenn durch KI-unterstützte Übersetzungsprogramme quasi jedeR jedes Medium, egal in welcher Sprache es veröffentlicht wird, sich im Browser in seiner eigenen Sprache anzeigen lassen kann? Braucht es dann noch muttersprachliche Medien wie Amal? Wir glauben: Ja. Nur anders. Etliche Amal-Kolleg:innen haben angefangen, sich intensiv mit Künstlicher Intelligenz zu befassen und die Chancen zu prüfen, die für Amal in den neuen Möglichkeiten liegt. Wir glauben, dass wir in naher Zukunft unsere Aufgabe, Migrant:innen mit Nachrichten aus ihrer neuen Heimat zu versorgen, ganz anders lösen werden – und die dabei freiwerdenden Kapazitäten nutzen können, um Amal zu skalieren. Mehr wollen wir an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur so viel: Wir sind im Gespräch und werden uns weiterhin ins Gespräch bringen.

Das Jahr in Zahlen – Webseite

Die Webseiten verzeichneten in 2023 einen leichten Rückgang um 15 Prozent in Bezug auf die Zahl der Besucher. Hintergrund dafür ist die Tatsache, dass Facebook die klassischen Link-Posts nicht mehr im Newsfeed der User:innen ausspielt. Deshalb kommen Menschen nun deutlich seltener von Facebook auf die Webseite, sondern lesen die Beiträge eher direkt auf Facebook oder Instagram. Die Rolle der Webseite im Amal-Universum hat sich dadurch geändert. Wer über Google nach bestimmten Nachrichten sucht, wird dort fündig. Andere User:innen gehen direkt auf die Webseite, weil sie dort einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus ihrer Community und für ihre Community finden.

BesucherBesuche
Berlinvergangene 30 Tage29.289180.346
vergangene 12 Monate465.9042.336.173
Hamburgvergangene 30 Tage11.96695.601
vergangene 12 Monate172.7241.142.233
Frankfurtvergangene 30 Tage4.30110.235
vergangene 12 Monate36.694126.524
Summe, verg. 12 Monate675.3223.604.930
zum Vergleich, 2022760.0003.400.000

Facebook

Mehr Redakteur:innen, mehr Output – das spiegelt sich deutlich in der Zahl der Facebook-Posts, die Amal in 2023 veröffentlicht hat. Mit Amal, Frankfurt! ging ja in diesem Jahr eine weitere Redaktion online, die tagesaktuell berichtet. Dabei ließen sich gut die Synergien zwischen den Redaktionen nutzen – Beiträge von überregionalem Interesse wurden in allen drei Städten veröffentlicht. Stark zugenommen haben auch die kleinen Formen wie Reels und regelmäßige Nachrichtenpodcasts. Insgesamt ist sowohl die zahl der Aufrufe als auch die Zahl der Nutzer:innen weiter signifikant gestiegen.

Facebook-Statistik Amal 2023

Facebook-Statistik Amal 2023

Nutzer

Die Nutzer von Amal sind überwiegend jung. Das gilt für alle drei Sprachgruppen. Der Schwerpunkt liegt auf der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre, gefolgt von den 18 bis 24jährigen. Regional loiegt der Schwerpunkt bei den drei Städten mit eigenen Lokalredaktionen – aber auch außerhalb und im ländlichen Raum gewinnt Amal zunehmende Follower. Das Analyse-Tool Hootsuite weist 20.000 neue Follower für 2023 aus.

BerlinLikesFollower
Arabisch81.000125.000
Dari/Farsi40.00056.000
Ukrainisch1.2002.000
Hamburg
Arabisch18.00020.000
Dari/Farsi16.00040.000
Frankfurt
Arabisch3.7005.000
Dari/Farsi1.3001.600
Ukrainisch1.3001.700
Summe 2023162.500251.300

Instagram

Mit vielen neuen Formaten ist Amal jetzt auch auf Instagram vertreten. Besonders die kleinen und schnellen Posts, Reels, Stories, aber auch aufwändig gestaltete Erklärstücke, liebevoll gefilmte Videos und Gesprächs-Formate haben sich durchgesetzt. Während 2022 Instagram noch eher eine Spielwiese für Amal gewesen ist, geht nun ein Großteil der Kommunikation auch über diesen Kanal. Dabei gibt es, anders als auf Facebook, pro Sprache nur einen Kanal und nicht für jede Stadt einen. Die Beiträge sind aber als regional relevant kenntlich und erreichen so auch jene, die sich für lokale Themen interssieren.

InstagramFollower
Arabisch4373
Dari/Farsi2168
Ukrainisch1451

Newsletter

Der Amal-Newsletter richtet sich an ein deutsches Publikum, dass gerne wissen möchte, welche Themen in den migrantischen Communities gerade relevant sind. Dafür fasst Julia Gerlach jede Woche die besten Artikel von Amal aus allen drei Sprachen zusammen und gibt Einblicke in die Diskussionen in der Redaktion. Der Berlin-Newsletter erreicht 1.356 Leser:innen, von denen 27 % ihn geöffnet haben, und der Hamburg-Newsletter erreicht 177 Leser:innen, von denen 42 % ihn geöffnet haben.