24/01/2024

Amals Tipps gegen die Hoffnungslosigkeit

Egal, wo man im Moment hinschaut. Von überall her werden wir mit Tipps zur Selbstoptimierung überschüttet: „So bekommen Sie den Bauchspeck los!“, „Veganuary – Starte mit leckeren Rezeptvorschlägen!“, „mit Pilates an der Wand werden Sie ein neuer Mensch“.

Tatsächlich verschont auch Amal die Leser:innen nicht. Auch wir haben in den ersten Wochen des Jahres besonders viele Beiträge mit Tipps und Ratschlägen veröffentlicht. Allerdings geht es da weniger um die Verbesserung der von außen sichtbaren Erscheinung, sondern darum, wie wir Innerlich die Haltung waren.

Das ist in diesen Zeiten nicht so leicht, besonders für Ukrainer:innen.

Viele sind 2022 mit der klaren Absicht nach Deutschland gekommen, schnell wieder in die Ukraine zu gehen. Sie haben sich nur halb eingerichtet und ihre Gedanken sind zu Zweidrittel noch in der Heimat. Dieser Zustand lässt sich ein, zwei Jahre aufrechterhalten. Und was dann?

Die Mischung aus schlechten Nachrichten von der Front, den Vorwahlergebnissen aus den USA, dem wachsenden Druck gegen Geflüchtete in Deutschland und das Herannahen des 2. Jahrestages des Angriffs schlägt bei vielen tiefe Kerben in die Psyche.

Amals Tipps gegen die Hoffnungslosigkeit

Dagegen helfen Anti-Depressiva, klar, aber es gibt auch andere Mittel. Zum Beispiel ein kleines magischen Notizbuch. Das empfiehlt unsere Gastkolumnistin, oben im Bild. Sie kommt Ihnen bekannt vor? Es ist Olena Makeeva, erfolgreiche Geschäftsfrau aus der Ukraine, Stil-Ikone und Marathonläuferin. Nebenbei ist sie mit dem ukrainischen Botschafter in Berlin verheiratet und spielt in der ukrainischen Community eine große Rolle. Angesichts der verzweifelten Stimmung im ukrainischen Teil von  Deutschland hat sie für Amal eine Kolumne geschrieben. Darin beschreibt sie, wie sie sich selbst aus dem tiefen, schwarzen Loch herausgezogen hat. Ihr wichtigster Tipp:

„Um mich irgendwie zu sammeln, nahm ich ein Notizbuch und begann aufzuschreiben, was ich außer Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung (mein früherer Beruf) noch kann und was mir Spaß macht. Jeden Morgen schaute ich meine Listen an, verbesserte und erweiterte sie. Wichtig hierbei ist, dass man mit der Hand schreibt. Das gehört zum Prozess…schnell war mir klar, dass ich einen neuen Beruf brauche“. schreibt Olena Makeeva. Hier geht es zu ihrem Artikel auf Ukrainisch.

„Auch Blumen werden krank, wenn man sie unvorsichtig umtopft“

„Kinder sind noch komplexere Wesen als Pflanzen. Sie müssen Gefühle zeigen. Dazu brauchen sie Zeit und Platz“, so der wichtigste Satz, den Yulia Smal den Amal-Leser:innen mit auf den Weg gibt. Yulia Smal ist auch eine dieser ukrainischen Powerfrauen, die mit gutem Beispiel vorangehen und versuchen ihre Leidensgenossinnen mitzuziehen. Die Lehrerin, Buchautorin und Mutter von drei Kindern aus der Ukraine hat inzwischen perfekt Deutsch gelernt, arbeitet wieder als Lehrerin und wurde kürzlich in den Rat für Migration der Stadt Weiden in der Oberpfalz gewählt. Sie ermuntert ukrainische Frauen, sich etwas zu suchen, was ihnen Spaß macht und womit sie sich einen Schritt in die deutsche Gesellschaft hineinbegeben. Vor allem aber wirbt sie dafür, Rücksicht auf die Kinder zu nehmen. „Sie brauchen Zeit zum Weinen und zu trauern über das, was wir verlieren“, sagt sie. Die hohen Erwartungen der Eltern, die ihre eigene Orientierungslosigkeit mit Leistungsdruck auf ihre Kinder kompensieren, seien schädlich. „Denkt daran, das deutsche Schulsystem ist ganz anders. Ihr könnt nicht erwarten, dass Eure Kinder genauso erfolgreich sind wie zu Hause!“  Hier geht es zu dem Artikel auf Ukrainisch.
Der 2. Jahrestag des russischen Angriffs auf die ganze Ukraine naht und bestimmt planen Sie in Ihrem Medium eine Beilage oder einen Schwerpunkt dazu, oder? Gerne schreiben wir Ihnen einen Kommentar oder einen Stimmungsbericht: So sehen Journalist:innen aus der Ukraine die Lage. Schreiben Sie uns einfach.

Deutschland demonstriert, Amal ist dabei!

Das vergangene Wochenende war das Wochenende der Demos. Manche sprechen sogar von der deutschen Intifada, aber wir sind ja im Allgemeinen vorsichtig mit Vergleichen. Amal-Reporter berichteten ausführlich von den Großdemonstrationen in Hamburg, Frankfurt und München. Hier gibt es eine kleine Auswahl zum Durchklicken

Allerdings gab es nicht nur Demos für die Demokratie. Für unsere ukrainischen  Leser:innen war der Protest in Frankfurt gegen Putin (obwohl er eher klein ausgefallen ist) ein wichtiges Ereignis und die afghanische Community diskutierte über den globalen Protesttag gegen den „Genozid an den Hazara“ und welche Spuren die zunehmende Spaltung der afghanischen Community in Deutschland entlang der ethnischen Linien zeigt.
Viktoriia Chernykova-Berezdetska                Dawod Adil
über die Anti-Putin Demo                              über die Afghanistan-Solidaritäts-Demo

Wählen Sie die AfD?

Anas Khabir war einmal wieder unterwegs. Diesmal hat sich unser Kollege aus der arabischen Redaktion in Berlin, der ja eigentlich spezialisiert ist auf Umfragen auf der Sonnenallee in Neukölln, zum Berliner Ku’damm begeben. Er fragte Passant:innen, ob sie planen die AfD zu wählen und warum. Als er von seinem Plan erzählte, dachten viele Kolleg:innen, dass er bestimmt niemand finden würde, der seine Frage mit „ja!“ beantwortet. So kann man sich täuschen. Schauen Sie selbst!

Video von Anas Khabir
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und eine schöne Woche!