„Die Aggression, mit der dem Präsidenten der Ukraine in Washington begegnet wurde, ist verblüffend und schockierend. Ich meine, seien wir ehrlich: Die Ukrainer wurden des Krieges für schuldig befunden, weil sie sich gegen den Aggressor zu verteidigen begannen. Es sah aus wie „ihr seid schuld, dass ihr lebt“. Es ist eine schockierende Abwertung von mehreren Millionen Menschen: derjenigen, die gezwungen waren, ins Ausland zu gehen, derjenigen, die in der Ukraine geblieben sind, und derjenigen, die ihr Leben für die Ukraine gegeben haben.
Das Schlimmste daran ist, dass diese Aggression von Personen ausgeht, die mit Storytelling auf den sozialen Medien vertraut sind…Man fühlt sich wie ein Held einer Reality-TV-Show, wenn das Publikum gelangweilt ist und nur darauf wartet, dass man endlich stirbt.
Für die Ukrainer in Deutschland bedeutet dies natürlich einen weiteren Verlust des Sicherheitsgefühls. Man lebt mit der ständigen Frage, ob das globale Sicherheitsgefüge noch irgendwo existiert oder ob ein amerikanischer Milliardär und ein Kreml-Diktator es schon komplett zerstört haben.
Natürlich bin ich all jenen dankbar, die jetzt der Ukraine beistehen. Vor allem Deutschland, das in dieser Frage die eindeutigste und konkreteste Position eingenommen hat. Wir haben das Gefühl, dass schwierige Zeiten vor uns liegen. Aber wissen Sie, in diesen Tagen haben die Ukrainer in den sozialen Medien neben Wut und Witzen (ja, wir scherzen immer viel, vor allem, wenn die Situation wirklich schlimm ist) oft das Lied der Band Okean Elzy zitiert: „Und wir tragen weiterhin unsere Flagge, kein Kreuz. Wir besteigen weiterhin unseren eigenen Everest“. Und die gesündeste Reaktion auf all dies ist immer die Unterstützung unserer Streitkräfte.
Schließlich gibt es keine Todesgrube, aus der die Ukrainer nicht entkommen können. Das ist unsere Superkraft und unser Fluch: Wir sind es gewohnt, uns auf uns selbst zu verlassen. Ich habe das Gefühl, dass die Europäer bald dasselbe lernen müssen, denn zwischen ihnen und ihrem „sehr zuverlässigen“ NATO-Verbündeten liegt, in Donald Trumps Worten, ein „schöner Ozean“.
So fasst Amal-Redakteurin Ruzana Iemelianova
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