29/05/2024

Tickt der Wahl-o-Mat noch ganz richtig?

Schon wieder ein Amal-Newsletter zur Europa-Wahl? Ja, sorry! Aber versprochen: Heute geht es um ein Thema, das wir noch nicht hatten.

Gerade gestern wurden die neuen Zahlen zum Thema Einbürgerung veröffentlicht. 2023 wurden so viele Menschen eingebürgert wie noch nie zuvor seit Begin der Statistik. Das heißt, es gibt so viele Neuwähler:innen wie nie zuvor. Sie werden das erste Mal zur Urne gebeten und das ausgerechnet bei einer besonders unübersichtlichen Wahl. Es treten sehr viele Parteien an und es ist schwer, den Überblick zu behalten und noch schwerer, eine gute Wahlentscheidung zu treffen. Aber, zum Glück gibt es ja den Wahl-o-Mat. Da finden Unentschlossene zur Europa-Wahl Orientierungshilfe, oder?

Unser Kollege Ahmad Kalaji hat Wahl-o-Mat gespielt und hat in seinem Umfeld mit anderen Neuwähler:innen gesprochen, die ebenfalls die Wahlfragen beantwortet haben. Dabei ist er zu einer erstaunlichen Beobachtung gekommen: Viele Neudeutsche mit arabischen Wurzeln bekommen sehr konservative Wahlempfehlungen, nicht wenige sogar landen bei der höchsten Übereinstimmungs-Quote mit der AfD. Wie kann das sein? Da wir nicht davon ausgehen, dass viele neueingebürgerte Syrer:innen tatsächlich die größte politische Nähe zu einer Partei haben, deren zentrale Forderung ist, ihnen den Pass wieder abzunehmen und sie nach Syrien zurückzuschicken, muss es an der inneren Logik des Wahl-o-Maten liegen.

Vielleicht ist der Grund, dass viele Wähler:innen arabischer Herkunft derzeit mit der Politik der Parteien in der Bundesregierung (hier besonders mit der Haltung zum Krieg in Gaza) unzufrieden sind, der Wahl-o-Mat aber nicht viele Fragen zum Thema Außenpolitik hat? Vielleicht rührt die Schlagseite von etwas anderem? Auf jeden Fall ist diese Tendenz Besorgniserregend.

„Wenn ihr mich fragt: Dann geht kritisch mit dem Ergebnis um: Lest am besten noch sehr viel über die Partei, die ihr wählen wollt und hört auch um, bevor ihr euch entscheidet. Es gibt viele Themen, die uns wichtig sind, die im Wahl-o-Mat nicht behandelt werden“

so Ahmad Kalaji in seinem neuesten Reel

„Das Wichtigste ist: Lasst Euch nicht entmutigen. Geht wählen. Es kommt auf unsere Stimmen an. Wir dürfen das Feld nicht den Rechten überlassen!“ 

Hier geht es zum Reel auf Instagram.

Reel von Ahmad Kalaji

Warum sollten wir Sie wählen?

Amal führt im Wahlkampf Interviews mit den Vertreter:innen verschiedener Parteien, fragt sie nach ihrem Wahlprogramm und danach, wieso neueingebürgerte Wähler:innen ihnen die Stimme geben sollten. Anas Khabir hat den CDU-Kandidaten für Europa Daniel Caspary getroffen. Hier geht es zum Interview.

Video von Anas Khabir

„Wenn ich Glück habe, werde ich wieder nur verwundet und komme wieder nach Hamburg!“

Die Geschichte, die Ruzana Iemelianova aus unserem ukrainischen Team in Hamburg in der vergangenen Woche geschrieben hat, kommt als anrührender Bericht über ehrenamtliche Arbeit von Ukrainer:innen daher. Tatsächlich ist die Story aber nur etwas für starke Nerven. Ruzana Iemelianova ist in eine Art Hochsicherheitstrakt vorgedrungen. In mehreren Kliniken in Deutschland werden verwundete ukrainische Soldaten behandelt. Es geht um schwere Verletzungen. Mehr als 1100 Verwundete wurden bereits behandelt. Ehrenamtliche aus der Ukraine kümmern sich darum, dass die Soldat:innen auch seelisch wieder auf die Beine kommen, sich nicht einsam fühlen in Deutschland und das bekommen, was sie zum Gesundwerden brauchen. Soweit, so gut. Wären da nicht die Erlebnisse der Verwundeten. Einer berichtet, wie er vor Monaten aus seinem Haus in der Ukraine morgens zur Arbeit ging, dort von Rekrutierern angesprochen wurde, sich dann noch am gleichen Tag gemeinsam mit seinem Bruder zur Front meldete und loszog. Gleich beim ersten Einsatz wurde sein Bruder getötet und er schwer verwundet. Seitdem ist er in Hamburg und es geht ihm langsam besser. Von ihm stammt das Zitat, das hier als Überschrift verwendet wurde.  Hier geht es zum Artikel auf Ukrainisch.   

Wir wünschen Ihnen eine schöne Woche!

Viele Grüße vom Amal-Team
Foto: Ahmad Kalaji, Anas Khabir, Feine Ukraine