17/01/2024

Jetzt drehen die Deutschen komplett durch

„Stellt Euch einmal vor, die AfD kommt tatsächlich an die Macht und sie lassen uns tatsächlich alle deportieren oder remigrieren oder wie sie das auch immer nennen. Wer wird dann in den Krankenhäusern, in den Schulen und in den Restaurants arbeiten? Was werden die Deutschen dann essen? Falafel, Pizza und Döner werden wir ja sicher mitnehmen. Dann gibt’s in Deutschland nur noch Kartoffeln“,

so der Kommentar eines unserer Kollegen in der Berliner Amal-Redaktion. (*Kleiner Spoiler: Auch die Kartoffeln sind ja leider nicht heimisch, sondern ursprünglich aus Südamerika. Bleiben Haferflocken)

„Dass die AfD unmenschliche Pläne hat, war schon lange klar. Dennoch gibt es ja auch unter Deutschen mit arabischen, ukrainischen und persischen Wurzeln nicht wenige, die mit der AfD sympathisieren, weil sie für Law and Order stehen und gegen LGBT, Klimakleber und die Regierung sind. Für all die ist diese Veröffentlichung ein Weckruf. Sie wissen, dass sie mit der AfD eine Partei wählen, die sie deportieren will!“,

so der Kommentar eines anderen Kollegen.

Die Veröffentlichung der Recherchen von Correctiv haben auch bei Amal die Nachrichtenwoche bestimmt. Bei uns gab es alle Nachrichten, alle Updates als Text und auch so, wie unsere Leser:innen es besonders mögen – als Reels. Hier unten geht es zum Reel, das Ahmad Kalaji am Tag der Veröffentlichung der Recherchen aufgenommen hat. Er fasst darin in verständlicher, einordnender Sprache zusammen, worum es geht und warum diese Recherche unsere Leser:innen angeht. In dem Update, das er gestern veröffentlicht hat (siehe Titelbild oben), beschäftigt ihn die Demo gegen Rechts vom Wochenende in Potsdam.

 

Jetzt drehen die Deutschen komplett durch

Er fragt sich, warum Olaf Scholz und Annalena Baerbock mit demonstriert haben. Haben sie womöglich schon aufgegeben? Normalerweise kommen Regierungsvertreter:innen ja nur zu Demos, wenn es darum geht, den Opfern von Erdbeben oder Kriege oder Terrorangriffen Solidarität zu zeigen. Wird das Erstarken der Rechtsradikalen von Scholz und Co. also als eine Art Naturkatastrophe eingestuft, gegen die man nichts machen kann? Oder anders gefragt: Warum handelt die Regierung nicht?

Unser Angebot an Redaktionen

Vielleicht haben Sie gerade festgestellt, dass dieser etwas andere Blick auf die Ereignisse in ihren Kommentarspalten fehlt und sie gerne auch in ihrer Zeitung oder Ihrem Sender den Horizont um die Amal-Perspektive erweitern wollen: Dann schreiben Sie uns

Apropos andere Perspektive: Einen besonderen Blick auf die Bauernproteste vergangene Woche in Berlin haben auch die Redakteurinnen unserer ukrainischen Redaktion. Eine von ihnen wohnt in Berlin-Mitte und wachte in der Nacht zum Montag mit einem großen Schrecken auf. Sie wurde von den hupenden Traktoren aus dem Schlaf gerissen, die auf dem Weg zur großen Demo waren. „Das Hupen hört sich genau an wie Luftalarm in der Ukraine. Mein erster Gedanke war: Jetzt ist der Krieg auch in Deutschland angekommen!“, beschreibt sie und klar ist. Sie ist nicht die Einzige, der es so ergangen ist.

Wieso blenden die immer aus, dass es auch deutsche Palästinenser gibt?

Das andere große kontroverse Thema, das unsere Leser:innen diese Woche beschäftigt, ist die Positionierung der Bundesregierung im Prozess gegen Israel von dem internationalen Gericht in Den Haag. In den deutschen Medien wurde das Statement von Regierungssprecher Steffen Hebestreit von Ende vergangener Woche kaum beachtet. In der arabischen Community in Deutschland schlug es jedoch hohe Wellen.
Hebestreit hatte mitgeteilt, dass Deutschland den Vorwurf des Völkermordes gegen Israel als offensichtlich unbegründet einschätze. Deshalb stelle sich Deutschland in dem Prozess an die Seite Israels. Sollte es zum Hauptverfahren kommen, werde Deutschland als Drittpartei in den Prozess eintreten. „Ich bin Deutsche und ich bin auch Palästinenserin“, sagt eine Frau, die Haytham Abo Taleb und Ronnie Darwish interviewt haben: „Ich verstehe nicht, warum unsere Perspektive in dieser Debatte nie gehört wird. Es ist, als würden wir nicht existieren!“.
Die Videoreportage haben wir mit Untertiteln produziert, damit unsere arabischen Zuschauer die deutschen Aussagen verstehen und die deutschen Zuschauer verstehen, was die arabischsprechenden Interviewten sagen.
Video von Haytham Abo Taleb und Ronnie Darwish

Happy News Year

So viele Katastrophen sind auf die Dauer nicht zu ertragen und wir können auch Good News: Unsere Leser:innen lieben Erfolgsgeschichten und so haben wir eine lose Serie begonnen, in der wir Personen im Rhein-Main-Gebiet vorstellen. „Das ist meine Geschichte“ rückt den Alltag der Neuangekommenen in den Mittelpunkt. In unserer ersten Folge sind wir zu Besuch bei einem Schawarma-Koch in Mainz.

Souzan Nassri und Ronnie Darwish haben mit ihm gesprochen und ihn durch den Tag begleitet. Wer dieses Video mit deutschen Untertiteln angeschaut hat, wird wahrscheinlich nie mehr an einem arabischen Imbiss essen, ohne an die Geschichte von Koch Mohammad Salhani zu denken. Versprochen!

Video von Souzan Nassri und Ronnie Darwish
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und eine schöne Woche!

Viele Grüße vom Amal-Team
Fotos: Ahmad Kalaji, Ronnie Darwish