Demo Brandenburger Tor Foto: Khalid Alaboud

Ein Brief an Polizei und Influencer

Seit zwölf Tagen verhindert die deutsche Polizei in Berlin und anderen Bundesländern Demonstrationen von Menschen, die ihre Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung zeigen möchten. Dafür gibt es Gründe. Einige davon sind nachvollziehbar sind und andere nicht. Ich verstehe die historische Dimension der deutschen Unterstützung für Israel, und ich verstehe, dass die Slogans und Parolen ein hochsensibles Thema sind und die deutsche Polizei und die Behörden fürchten, dass es da um Hass gegen Juden gehen könnte. Aber ich verstehe nicht, warum quasi alle Demonstrationen verboten sind, und ich verstehe auch nicht, warum die Betonung auf die international anerkannten Symbole von Palästina gelegt wird, die weder mit einer militärischen noch mit einer politischen Bewegung in Verbindung stehen. Diese Symbole sind beliebt. Aus diesem Grund möchte ich mit diesem Artikel eine Botschaft an die deutsche Polizei senden.

Liebe Landespolizei Berlin

Warum erlauben Sie keine Demonstrationen zur Unterstützung und Solidarität mit dem palästinensischen Volk? Ihr erklärt mir, das geschehe, weil sie antisemitische Parolen verbreiten und religiösen Hass gegen Israel schüren. Warum gibt die Polizei dann nicht einen Katalog heraus, in dem steht, welche Slogans erlaubt und welche verboten sind? Der kann dann an alle weitergereicht werden, und wenn jemand dagegen verstößt, haben Sie das Recht, diesen zu verhaften und die Maßnahmen zu ergreifen, die Sie für angemessen halten, unter Berücksichtigung von: „Wir leben in einem Land mit einer Verfassung, die freie Meinungsäußerung respektiert, ohne Gewalt.“ Sie müssen wissen, und Sie verfügen sicherlich über diese Informationen, dass es in Berlin Menschen gibt, die friedliche Versammlungen ausnutzen und versuchen, die Polizei anzugreifen. Das ist definitiv inakzeptabel und Sie müssen sie zur Rechenschaft ziehen – auch, damit friedliche Demonstranten ihr Recht auf Meinungsäußerung wahrnehmen können.

Liebe Staatspolizei, Demonstrationen zu verhindern und zu verbieten, Menschen zu verhaften und Gewalt auszuüben, bringt nicht den Frieden und die Sicherheit, die wir alle in dieser Stadt suchen. Es bringt nur noch mehr Spannung und Druck mit unerwünschten Folgen. Frieden und Sicherheit entstehen durch den klugen Umgang mit dem, was geschieht. Und arbeiten Sie daran, die Wut der Menschen aufzunehmen und ihre Gefühle einzudämmen. Respektieren Sie ihre Meinungen, solange sie keinen Hass schüren und nicht zur Gewalt aufstacheln.

Liebe Influencer

Hier beziehe ich Schauspieler, Fußballspieler, Künstler, einflussreiche Politiker und Forscher ein. Warum schweigt ihr zu dem, was hier mit friedlichen Demonstranten geschieht, einschließlich Verhaftungen und Gewalt? Dieses Land besteht nicht nur aus Polizei und Behörden. Dieses Land geht uns alle an. Sie können eine Bevölkerungsgruppe nicht beseitigen oder ausschließen, nur weil Sie ihre politische Meinung nicht teilen. Man kann sie nicht als bloße Zahlen betrachten, man kann sie nicht als „Terroristen oder Unterstützer des Terrorismus“ vorverurteilen – die deutsche Presse bezeichnet sie so. Das sind Menschen, die dort Familie haben, die Gefühle haben und das Recht haben, eine Meinung zu haben und diese zu äußern.

Repression und Verbote bringen nichts als Ruin

Wir kommen aus dem Nahen Osten und haben dort miterlebt, wie die Polizei mit Demonstranten umgeht. Wie gingen die Sicherheitsdienste mit denjenigen um, die gegen die Vorschriften verstießen? Caesars Fotos sind der Beweis dafür. Deshalb sind wir hierher geflohen. Wir flohen, weil wir glaubten, dass wir in Sicherheit und Frieden leben würden und keine Angst verspüren würden. Wir glaubten, dass wir hier unsere Meinung mit friedlichen Mitteln äußern könnten. Und klarzustellen, was die westlichen Medien und die Menschen im Allgemeinen über die Ereignisse in unserem Land nicht sehen. Unterdrückung, Bann und Verbote bringen nur den Ruin. Wir befinden uns in einer Zeit, in der es unendlich wichtig ist, dass wir mit Bedacht und ganz bewusst handeln. Und einander zuhören. Wir verstehen uns.

Foto: Khalid Alaboud