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21/06/2023

Wir können mit Messer und Gabel essen, Sie auch?

„Ich nahm den Zug von Aachen nach Düsseldorf und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, wenn ich den zufriedenen Gesichtsausdruck der Personalchefin dachte. Gerade komme ich von einem Vorstellungsgespräch in einer der größten Firmen Deutschlands zurück. Mir wurde ein gutbezahlter Job angeboten und die Personalchefin schien sich persönlich zu freuen, dass ich ihr Angebot annahm. Am Bahnhof kaufte ich einen kleinen Rosenstrauß für meine Frau, die mich auf meinem Weg bis zu diesem Jobangebot unterstützt hat…

Während  ich auf den Zug wartete, dachte ich zurück. An die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland in dem kaputten Schlauchboot. Meine Mutter summte mir eine Melodie ins Ohr, um mich zu beruhigen. Mein Vater bemühte sich um einen Gesichtsausdruck, der Verlässlichkeit und Halt ausdrücken sollte. Beiden war die Panik anzumerken.“

Amal-Redakteur Ahmad Kalaji beginnt seinen Kommentar zum Weltflüchtlingstag mit einem Ausschnitt aus einer Kurzgeschichte, die er vor einigen Jahren geschrieben hat. Er stellt die Fragen, über die viele in diesem Tagen nachdenken: Für wen feiern wir den Weltflüchtlingstag? Geht es dabei um die Flüchtlinge oder wird hier einmal wieder das Überlegenheitsgefühl der Europäer gefüttert, die sich ab und zu um Geflüchtete kümmern und ansonsten die Augen verschließen, wenn es zum Beispiel um sinkende Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer geht? Und: Lohnt sich das Risiko und die ganzen Strapazen überhaupt: Ist Europa das alles wert?

Diese Zweifel – so Ahmad Kalaji – sind berechtigt, sollten die Geflüchteten aber nicht davon abhalten, das Beste aus ihrer neuen Situation zu machen: „Nein, Europa ist es nicht wert, aber ihr habt es euch verdient. Macht etwas aus Eurem Leben, studiert, werdet Ingenieure, Lehrer, Künstler und beweist euch selbst und allen anderen, dass ihr es schaffen könnt…dass wir es schaffen können . Sogar mit Messer und Gabel können wir essen!“ 

Der Artikel von Ahmad Kalaji ist einer von mehreren Beiträgen zum Internationalen Flüchtlingstag auf unseren Seiten. Besonders hervorheben möchten wir den Artikel von Aora Helmzadeh. Hier können Sie ihn auf Farsi lesen. Hier geht es zu dem parallel erscheinenden Text im Berliner Tagesspiegel.

Auf See

Stellen Sie sich vor, sie müssen fliehen, würden Sie dann den Schlüssel ihrer Wohnung mitnehmen oder zurücklassen? Dies ist eine Frage, die sich Menschen stellen, unabhängig von ihrer Herkunft, den Gründen, weshalb sie sich auf die Flucht begeben und auch unabhängig der Epoche, in der sie leben. Flucht und Migration sind universell: Das ist die Botschaft, die das Amal-Team vom Besuch im Auswandererhaus in Bremerhaven mitgenommen hat. Aora Helmzadeh hat versucht, das Gefühl in ein Video zu verarbeitet. Viel Spaß beim Anschauen! Hoffentlich werden Sie nicht seekrank.

 

 

Video von Aora Helmzadeh
Bilder: Aora Helmzadeh

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