26/10/2022

Wenn der Hahn kräht auf dem Mist…

Da haben wir uns mal so richtig die Hände schmutzig gemacht. Und dabei auch noch Gutes getan. Es war am vergangenen Samstag in Hamburg-Wilhelmsburg beim ersten Ehrenamts-Einsatz von Amal.

Heifaa Atfeeh, Arabisch-Redakteurin bei Amal, wohnt ganz in der Nähe. Trotzdem hatte sie Mühe, mit den Ort des Geschehens zu finden, Google Maps zeigt einen Punkt im Park, abseits der Straßen. Doch entdeckte sie einen üppig begrünten Zaun. Ein gepflasterter Weg führt zu einem Gartentor. Sie trat ein – und fühlte sich in eine andere Welt versetzt. Wie auf dem Dorf. Ihr Blick fiel auf Beete, Sonnenblumen, einen stolzierenden Hahn. „Ich konnte mir kaum noch vorstellen, dass dies hier auch Wilhelmsburg ist.“

So wie Heifaa ging es den rund 25 Helferinnen und Helfern, die am vergangenen Samstag dem Aufruf von Amal, Hamburg! gefolgt waren, um sich an der Ehrenamts-Kampagne zu beteiligen. Zusammen mit der Vermittlungsagentur Tatkräftig e.V. hatte Amal zu einem Arbeitseinsatz im Kreativgarten in Wilhelmsburg aufgerufen. Ziel war es, gemeinsam den Garten für den Winter vorzubereiten und die Leser*innen von Amal für das Thema Ehrenamt zu begeistern.

Das Bundesinnenministerium betrachtet die freiwillige Arbeit als unerlässlich für „den gesellschaftlichen Zusammenhalt ebenso wie für die Stärkung demokratischer Werte und Haltungen.“ Das ist der ganz große Blick. Und dies ist der kleine, https://steadyhq.com/de/amal/aboutganz konkrete Blick: Einen Tag lang haben in Wilhelmsburg ganz unterschiedliche Menschen zusammen dafür gesorgt, dass ein kleines Paradies in ihrer Nachbarschaft noch schöner geworden ist. Sie haben den Sand in der Sandkiste erneuert, damit die Kinder besser buddeln können. Sie haben die Beete neu eingefasst, damit der Ort hübscher aussieht. Sie haben einen Baum gepflanzt, damit der Zukunft hat. Sie haben gegraben und geschnitten und gemeinsam gekocht und gegessen.

Der Wunsch, sich ehrenamtlich zu engagieren, hat ganz verschiedene Menschen zusammen gebracht. Heifaa Atfehs persönliches Fazit: „Was den Tag besonders machte, war die Harmonie, die trotz der Anwesenheit verschiedener Nationalitäten die Atmosphäre beherrschte.“ Sie fühlten sich wohl an diesem besonderen Ort und genossen es, eine gemeinsame Aufgabe zu haben.

Zum ersten Mal dabei

Fafanan Hussein, der aus dem Jemen stammt, sagt: „Ich habe zum ersten Mal ehrenamtlich gearbeitet. Ich habe Menschen unterschiedlicher Nationalitäten kennengelernt und gelernt, dass uns viel verbindet.“ Auch Mohammed Al Maghribi aus Syrien hat den Tag genossen – und das, obwohl er Rückenschmerzen hatte und die Arbeit für ihn deshalb besonders beschwerlich war: „Danke für diese Einladung“, sagt er. „Ich hatte das Gefühl, etwas Wichtiges zu tun.“ Und: „Wir haben die Möglichkeit, auf Deutsch zu kommunizieren und die Denkweise der Menschen hier zu verstehen, was wichtig ist, um sich integrieren zu können.“ Muhammad Al-Budairi, der kürzlich aus dem Irak nach Deutschland gekommen ist, findet Ehrenamt sehr wichtig: „Es reißt uns aus unserer Isolation heraus und gibt uns die Möglichkeit, andere kennenzulernen und denen zu helfen, die es brauchen.“

Ermöglicht wird die Ehrenamts-Kampagne übrigens von der Körber-Stiftung. Johanna Eisenhardt, die für die Stiftung das Projekt begleitet, war am Samstag dann auch mit vor Ort. „Wir freuen uns sehr, dass so viele dem Aufruf von Amal Hamburg gefolgt sind und heute mitgemacht haben“, sagt sie. „Es ist großartig, dass Menschen aus arabisch- und persischsprachigen sowie deutschen Gemeinden zusammenkommen, um gemeinsam etwas Schönes zu schaffen.“

Am Ende des Tages war der Kreativgarten wieder ein Stück besser geworden. Kathrin Milan, die Organisatorin, sagt: „Gerne mal wieder!“ Das lassen wir uns nicht zweimal sagen.

Reporter oder Aktivist?

Waren es 80.000 Demonstrant*innen, wie deutsche Medien schreiben? Oder gar 120.000, wie die New York Times berichtete?  Zumindest waren unglaublich viele Menschen am vergangenen Samstag in Berlin auf der Straße, um für einen Regimewechsel im Iran zu demonstrieren. Für die Reporter*innen von Amal war das eine schwierige Situation. Sie befanden sich in einer Doppelrolle. Natürlich wollten sie für Amal von diesem historischen Ereignis berichten. Aber sie wollten auch bis zum Ende mit demonstrieren. Zwei Herzen schlugen in ihrer Brust, das des Reporters und das des Aktivisten. Diesmal hat das Herz des Aktivisten gesiegt, die Reporter*innen folgten dem Sog der Demonstration bis es dunkel war und alle anderen auch nach Hause gingen, erfüllt von der großen Hoffnung auf Veränderung, auf ein Leben in Freiheit. Die Berichte kamen erst ein wenig verspätet auf unsere Seiten. In der Redaktionskonferenz am Montag gab das dann Ärger. Wir haben uns fest vorgenommen, dass das nicht wieder passiert, sondern wir künftig so aktuell und zeitnah wie möglich berichten, auch und gerade, wenn es um große Ereignisse geht. Hier das Video von Ali Hassanpour, auch ohne Untertitel spiegelt es schön die Atmosphäre.

Fotos: Jalal Hussaini und Dawod Adil